Sandra und Samuel Röthlisberger – Das Leben mit und als Handballprofi

Samuel Röthlisberger hat seine Handballkarriere als Junior beim HVH gestartet bevor er über BSV Bern nach Stuttgart in die Bundesliga gezogen ist. HVH-Mitglied Yannik Herzog hat mit Sämu und seiner Frau Sandra ein exklusives Interview führen dürfen. Ein Ausschnitt ist in der Broschüre Playbook veröffentlicht. Das ganze Interview findet ihr hier.

Sandra und Samuel Röthlisberger – Das Leben mit und als Handballprofi
Beide sind aus der Region Herzogenbuchsee, 28-jährig, wohnhaft in Stuttgart und sie geben uns einen kleinen Einblick in ihr von Sport geprägtes Leben.

Hallo Sandra, wer bist du und woher kommst du?
Ich bin Sandra Röthlisberger, komme ursprünglich aus Niederönz und wohne seit 2019 in Stuttgart.

Hallo Samuel, wer bist du und woher kommst du?
Ich bin Samu/Sämu/Sämi und komme aus Graben neben Herzogenbuchsee. (Deutsche und Umlaute, naja)

Als du mit Samuel zusammengekommen bist, war er da schon Handballprofi?
Sandra: Als wir zusammenkamen, war er Profi in Bern, auch hatte aber bereits in Stuttgart unterschrieben.

War für dich von Anfang an klar, dass du mit nach Deutschland gehst?
Sandra: Nach einem Jahr Beziehung wurde es zum Thema und ein weiteres Jahr später wurde es zur Realität. Im August 2019 sind wir in die gemeinsame Wohnung in Stuttgart gezogen.

Bist du froh, dass es Stuttgart geworden ist?
Sandra: Ich bin dankbar ist es Stuttgart, vor allem wegen der Nähe zur Heimat.
Samuel: Mit Stuttgart habe ich mittlerweile schon eine zweite Heimat gefunden. Der Verein, das Umfeld und die Gegend liegen mir am Herzen. Zusammen mit der Nähe zur Schweiz ist das schon ein sehr cooles Gesamtpaket

Wie alt warst du, als du gemerkt hast, dass es zum Handballprofi reichen kann?
Samuel: Es war immer ein Traum und mein Ziel Profi zu werden. Gemerkt, dass ich es wirklich schaffen könnte, habe ich erst kurz bevor ich nach Deutschland gewechselt bin. Also etwa im Alter von 19-20 Jahren.

Kam das Angebot von Stuttgart für dich überraschend und brauchtest du lange Bedenkzeit?
Samuel: Ich habe mich in der Zeit damals stark mit einem Wechsel ins Ausland beschäftigt, war aber vor allem mit 1-2 Clubs aus der 2.HBL im Gespräch. Das Angebot von Stuttgart kam deshalb schon ziemlich überraschend. Ich hatte Glück das der damalige Coach, Markus Bauer, mich aus seiner Schaffhausen-Zeit kannte. Mit diesem Angebot brauchte ich praktisch keine Bedenkzeit – für mich ging ein Traum in Erfüllung.

Hätte Samu in einem anderen Land unterschrieben, wäre dir der Nachzug auch so leichtgefallen?Sandra: Da wäre mir die Entscheidung sicherlich schwerer gefallen. Ein deutschsprachiges Land erleichterte mir den Entschluss, da ich wusste, dass ich privat wie auch beruflich schneller Anschluss finden werde.

Wäre dir ein Wechsel in ein anderes Land schwerer gefallen?
Samuel: Ich denke schon. Die Sprache erleichtert einem einiges beim Einstieg. Wenn du zusätzlich zum neuen Umfeld auch noch eine neue Sprache lernen musst, dauert es länger, bis man endgültig angekommen ist.

Was wären aus deiner persönlichen Sicht die Kriterien für einen Teamwechsel von Samuel?
Samuel: Es sollte ein Team sein, welches Sämi sportlich weiterbringt und in der Nähe der Heimat ist.

Was wären deine Kriterien für einen Teamwechsel?
Samuel: Schwierig. Am Ende des Tages will ich einfach an einem Ort spielen, wo man Spass am Handball hat. Ein motiviertes Team das sich auch neben dem Feld gut versteht. (Nicht nur auf die Sprache bezogen)
Natürlich sollte auch ein gewisser Leistungsgedanke des Vereins vorhanden sein.

Wievielmal im Jahr besuchst du deine Heimat?
Sandra: Ich komme ungefähr alle 3 Wochen nach Hause. Da viele Spiele am Sonntag sind, nutze ich meistens die Auswärtsspiel-Wochenende, um in die Schweiz zu fahren.
Samuel: Wahrscheinlich so 4-5x pro Jahr.

Würdest du etwas anders machen, wenn du nochmals zurück ins Jahr 2017 könntest und du nochmals vor dem Schritt ins Ausland stehen würdest?
Samuel: Ich würde es nochmal genau gleich machen. Ausser den Führerschein nicht erst auf den letzten Drücker machen…

Würdest du etwas anders machen, wenn du nochmals zurück ins Jahr 2019 könntest und du nochmals vor dem Schritt ins Ausland stehen würdest?
Sandra: Ich denke nicht. Beruflich war es ein guter Zeitpunkt, da ich gerade meine Weiterbildung abgeschlossen hatte. Privat ist es immer schwierig, jedoch wusste ich das meine Familie und Freunde mich immer unterstützen werden.

Sandra, besuchst du alle Heim- und Auswärtsspiele des Teams?
Sandra: Bei den Heimspielen bin ich so gut wie immer in der Halle. Ausser es sind wichtige Ereignisse wie Geburtstagsfeste oder Ähnliches.
An den Auswärtsspielen bin ich nicht dabei, im Fernseher sieht man es besser.

Was stört dich am meisten, wenn du ein Spiel verfolgst?
Sandra: Technische Fehler. Zudem habe ich kein Verständnis wie man plötzlich, nach so vielen Jahren des Handballspielens, das Tor um 2 Meter verfehlen kann.
Ich selbst kann keinen Ball geradeaus werfen. (Die Redaktion kann dies bestätigen)

Da du als Abwehrchef eher selten mit im Angriff dabei bist, was siehst du von der Bank aus am unliebsten vorne passieren?
Samuel: Technische Fehler die zu einem direkten Gegenstoss führen.

Was sind deiner Meinung nach Vor- und Nachteile, wenn man mit einem Profi verheiratet ist?
Sandra: Samu ist viel beim Trainieren und an Spielen, so bin ich häufig allein. Vor den Spielen bin ich auch immer extrem nervös. Ich fiebere sehr stark mit dem Team mit.
Die Vorteile sind, das ich sehr viele neue Leute kennenlernen darf und so europaweit Kontakte knüpfen kann. Bei den Turnieren mit der Nationalmannschaft war ich bisher immer vor Ort und so konnte ich auch neue Länder bereisen.

Sämu, was sind deiner Meinung nach Vor- und Nachteile ein Handballprofi zu sein?
Samuel: Die Vorteile sind, ich habe immer genügend Zeit für andere Dinge wie Hobbys, Studium usw. Wenn man sich das gut einteilt, gibt es genügend Freizeit.
Der Nachteil ist, man lebt immer nach dem Trainingskalender. Alles andere muss sich hintenanstellen. Leider sind das nicht selten auch mal Feste oder Treffen von Familie und Freunden.

Ist es schwierig in einen so vollgepackten Sportkalender auch mal erholsame Ferien nur zu zweit zu planen?
Sandra: Es ist sehr schwierig. Gemeinsame Ferien können wir nur im Sommer in einer Spanne von 3-5 Wochen planen. Da er aber auch während den Ferien ein sportliches Programm zu absolvieren hat, achten wir bei der Buchung darauf, dass das Domizil geeignete Einrichtungen zu bieten hat.
Samuel: Das ist in der Tat nicht so einfach. Ich kann nur während einem Zeitfenster von 4 Wochen im Sommer in den Urlaub. Flexibilität betreffend Zeitraum gibt es dementsprechend keine. Bis jetzt haben wir aber immer etwas gefunden.

Wenn du deinem Mann eine Woche freigeben könntest, welche wäre es?
Sandra: Definitiv die Woche rund um Weihnachten. Meistens ist kurz vor Weihnachten, 22/23.12. sowie 26/27.12. ein Ligaspiel und er verbringt so leider viel Zeit im Auto über die Festtage.

Wenn du dir selbst eine Woche freigeben könntest im Jahr, welche wäre das?
Samuel: Ich würde wahrscheinlich irgendeine Woche im Winter nehmen und in die Sonne fliegen. (Präzisierung des Interviewers: Ein Ort mit viel Sonne)

Hast du dank oder wegen Sämi deine Ernährung angepasst?
Sandra: Ja ein wenig. Wir kochen meistens frisch und achten auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Wir kochen beide sehr gerne, jedoch entweder ich für ihn oder umgekehrt. So lassen wir uns gemeinsam freie Hand.

Sämu, hast du seit dem Einzug in eure gemeinsame Wohnung mit Sandra deine Ernährung angepasst?
Samuel: Meine Ernährung nicht unbedingt, die hat sich nicht verändert.
Abwechselnd kocht jemand von uns und am Ende esse ich halt etwas mehr als die Hälfte.

Was bereitet dir mehr Freude beim Zuschauen. Eine gelungene Verteidigungsaktion von Samuel oder wenn er ein Tor wirft? (Anm. Redaktion: Verhältnis von 100 zu 1)
Sandra: Da Verteidigungsarbeit sein Job ist freue ich mich über jede gute Aktion hinten. Leider ist die allgemeine Anerkennung für schön geworfene Tore höher als ein Festmachen des Gegenspielers. Aber jeder hat seinen Job zu erledigen.

Was bereitet dir mehr Freude beim Spiel, eine gelungene Verteidigungsaktion oder ein Tor werfen?
Samuel: Ganz klar eine gelungene Verteidigungsaktion!

Auf welcher Position würdest du dich in einer Mannschaft sehen?
Sandra: Phuu… da ich weder einen Ball fangen noch weiter als 2 Meter werfen kann, wird es ein wenig schwierig für mich… Vielleicht würde ich mich als Flaschenfüller gutmachen? (Redaktion nickt zustimmend)

Auf welcher Position würdest du am liebsten spielen?
Samuel: Ich vermisse die Zeit als Rückraumspieler schon ein bisschen. Das hat schon viel Spass gemacht. Ich merke aber in den Trainings auch, dass meine Schulter nicht mehr für Rückraumwürfe gemacht ist. (zu muskulös)

Was sind deine Low- und Highlights in Bezug auf Sämi den Handballspieler?
Sandra: Als sich Sämi an Weihnachten 2023 kurz vor der „Heim-EM“ in Deutschland verletzte, war das schon ein Schock. Sicherlich unser sportliches Lowlight in den letzten Jahren.
Die Qualifikation und die Teilnahme an der EM in Göteborg war das erste grosse Highlight. Auch der erste Heimsieg gegen die SG Flensburg-Handewitt 2023 zähle ich da gerne mit dazu.

Was sind deine Low- und Highlights in deiner Handballkarriere?
Samuel: Lowlights, gibt es bestimmt einige. Die verpasste EM-Qualifikation 2021, in welcher wir innerhalb von 4 Tagen gegen Dänemark und Mazedonien mit jeweils einem Tor verloren haben. Dann auf jeden Fall auch meine Verletzung kurz vor Weihnachten 23, durch welche ich die EM 24 in Deutschland verpasst habe.
Highlight: Mein erstes Bundesligaspiel und auch alle Turniere, die ich mit der Nationalmannschaft erleben durfte. Vor allem die WM 21 und auch jetzt die WM 25 sind/waren (gestern Tunesien weggeputzt) unvergessliche Erlebnisse.

Ich bedanke mich recht herzlich bei Sandra und Sämi für die unkomplizierte Art und Weise wie wir dieses Interview zusammen erstellen konnten.